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Der Flugreise-Fall

Der Flugreise-Fall
Zum Fall
Daniel
Daniel
3 Minuten
Zivilrecht

Sachverhalt

Im Flugreise-Fall geht es um den damals 17-jährigen Werner Otto, der am 27. August 1968 mit einer Linienmaschine der Lufthansa von München nach Hamburg flog. Dort gelang es ihm, als „blinder Passagier“, mithin ohne gültiges Flugticket, die Maschine mit den anderen Transitpassagieren wieder zu betreten und mit nach New York zu fliegen. Dies fiel auch nicht weiter auf, da das Flugzeug nicht ausgebucht war. In den USA wurde Werner Otto jedoch die Einreise verweigert, da er kein gültiges Visum besaß.

Die Lufthansa ließ ihn daraufhin eine Zahlungsverpflichtungserklärung über 256,- USD unterschreiben, stellte ihm ein Flugticket für die Rückreise aus und beförderte ihn noch am selben Tag zurück nach München. Seine Mutter verweigerte als gesetzliche Vertreterin die nachträgliche Genehmigung des Rechtsgeschäfts. Die Lufthansa verlangte nun von Werner Otto die Bezahlung der Flüge nach und von New York i.H.v. insgesamt 2.212,00 DM. Werner Otto verweigerte dies mit der Begründung, dass er sich die Flüge niemals habe leisten können.

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Entscheidung

Das Landgericht Regensburg wies die Klage in erster Instanz zunächst ab. Auf die Berufung der Lufthansa gab das Oberlandesgericht Nürnberg der Klage in zweiter Instanz statt. In der Urteilsbegründung unterschied der Senat zwischen dem Hinflug und dem Rückflug.

Für den Hinflug bestünden zwar keine vertraglichen Ansprüche zwischen der Lufthansa und Werner Otto, da es bereits an den erforderlichen Willenserklärungen fehle. Diese seien auch nicht konkludent durch das Betreten der Maschine und dessen Gewährung abgegeben worden, da die umstrittene Lehre des „sozialtypischen Verhaltens“ jedenfalls im Flugverkehr nicht anwendbar sei.

Die Lufthansa könne die Kosten für den Hinflug jedoch nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen. Werner Otto habe „etwas erlangt“, nämlich die Beförderung von Hamburg nach New York. Diese geldwerte Leistung der Lufthansa sei auch ohne Rechtsgrund erfolgt. Da die Inanspruchnahme der Leistung nicht mehr ungeschehen gemacht werden könne, sei eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB bereits begrifflich ausgeschlossen.

Für den Rückflug würden vertragliche Ansprüche bereits daran scheitern, dass die Mutter von Werner Otto ihre nachträgliche Genehmigung verweigert habe. Allerdings könne die Lufthansa die Flugkosten nach §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB ersetzt verlangen. Der Rückflug sei ein objektiv fremdes Geschäft gewesen, welches im Interesse und im mutmaßlichen Willen von Werner Otto und seiner Mutter gelegen habe.

Die Revision von Werner Otto zum Bundesgerichtshof wurde mit Urteil vom 7. Januar 1971 (Az. VII ZR 9/70; BGHZ 55, 128) als unbegründet zurückgewiesen. Der Senat schloss sich den Ausführungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche an und führte ergänzend aus, dass deliktische Ansprüche bereits mangels hinreichender Darlegung eines Schadens ausgeschlossen seien. Da die Maschine nicht ausgebucht war und kein anderer Fluggast abgewiesen werden musste, fehle es bereits an einem entgangenen Gewinn.

Lediglich zu dem bereicherungsrechtlichen Anspruch für den Hinflug stellte der VII. Zivilsenat klar, dass eine Bereicherung grundsätzlich nur bei einer echten Vermögensmehrung anzunehmen sei. Zwar sei der Hinflug für Werner Otto durchaus eine Luxusaufwendung gewesen und möglicherweise sei er durch den Rückflug auch wieder entreichert worden. Entscheidend sei jedoch, dass er gemäß § 819 Abs. 1 BGB ganz genau gewusst habe, dass die Lufthansa ihn ohne rechtlichen Grund nach New York geflogen habe. Damit könne er sich nicht auf eine etwaige Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen.

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Anmerkungen

Der Flugreise-Fall ist ein weiterer Klassiker im Zivilrecht, von dem alle Jurastudierenden schon einmal gehört haben sollten. Der Fall beinhaltet verschiedene Probleme der gesetzlichen Schuldverhältnisse, insbesondere im Rahmen des Bereicherungsrechts zum Thema Luxusaufwendungen und Entreicherung. Diese Probleme werden zusätzlich noch mit den Besonderheiten des Minderjährigenrechts verknüpft, was den Schwierigkeitsgrad weiter erhöht. Damit Dir diese und ähnliche Fallkonstellationen in Klausuren oder im Examen keine Probleme bereiten, empfehle ich Dir meinen Crashkurs Schuldrecht BT2: Gesetzliche Schuldverhältnisse, in dem Du in nur 4,5 Stunden die Grundlagen des besonderen Schuldrechts lernst.

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